Die „Musterkolonie“ Togo
Togo galt als die „Musterkolonie“ der deutschen Kolonialgeschichte. Hier unternahmen die Kolonialherren größere Anstrengungen im Bereich des Schul- und Gesundheitswesens (z. B. Impfaktionen gegen die Pocken) als in den anderen Kolonien. Drei Eisenbahnlinien wurden gebaut: die Küstenbahn (1905), die Inlandbahn (1907) und die Hinterlandbahn (1913 eröffnet). Auch im Bereich Straßenbau galt Togoland als mustergültig. Die Einheimischen waren hier zunächst ebenso weitgehend rechtlos wie in den anderen deutschen Kolonien und z. B. der Prügelstrafe ausgesetzt. Gleichwohl gab es 1902 eine Verordnung zur Beseitigung der Haussklaverei und ab 1907 Erhebungen und Studien zur Schaffung eines „Eingeborenenrechts“. Eine Verordnung von 1906 ließ an Schulen außer der Landessprache ausschließlich die deutsche Sprache zu.
Der Ruf Togos als „Musterkolonie“ gründete sich aber wohl vor allem darauf, dass es die einzige deutsche Kolonie war, die ab 1900 eine nahezu ausgeglichene finanzielle Bilanz hatte. Die Haupteinnahme bildeten Zölle und die Einführung der Kopfsteuer für Einheimische 1907. Die Einkünfte aus der Kopfsteuer betrugen 1907 57.000 Mark, 1912 853.000 Mark. 1912 standen 11,4 Millionen Goldmark auf der Importseite 10 Millionen Mark an Ausfuhren gegenüber. Diese Bilanz trübte sich allerdings bereits in den letzten Jahren deutscher Kolonialherrschaft durch den rücksichtslosen Raubbau an den natürlichen Ressourcen des Landes. Nachdem z. B. nahezu sämtliche Elefanten des Gebietes abgeschossen worden waren, entfiel naturgemäß auch das Exportprodukt Elfenbein. Der historisch mit Deutsch-Togo verbundene Begriff der „Musterkolonie“ wird daher von Kritikern als Teil der deutschen Kolonialpropaganda angesehen.
Eine relativ große Bedeutung hatte Togo für die Nachrichten- und Verkehrsverbindung mit Deutschland sowie den anderen afrikanischen Kolonien. Eine telegrafische Verbindung mit Europa bestand bereits seit 1894. Eine 1914 eröffnete Großfunkstation in Kamina und ein direktes über Monrovia geführtes Seekabel waren wichtige Einrichtungen, um den Informationsfluss ins Ausland zu gewährleisten. Zudem bestand im Hinterland Lomes die Funkstation Togblekovhe, die vorwiegend dem Nachrichtenverkehr der Küstenschifffahrt diente.
Landwirtschaft
Im Jahr 1900 beauftragte das Kolonialwirtschaftliche Komitee die systematische Förderung des Baumwollanbaus in Togo. Zur Optimierung der heimischen Baumwollkulturen dienten Saatzuchtanlagen. Es bewährte sich vor allem die Sorte Sea-Island, Typus Ho. In Nuatjä, Südtogo, wurde 1902 eine Baumwollschule eingerichtet, um die fachmännische Pflege neuer Baumwollfelder sicherzustellen. 1907 wurde sie zur allgemeinen Ackerbauschule und 1912 zur Landeskulturanstalt erweitert. Junge Togolesen zwischen 17 und 23 Jahren konnten in Nuatjä dreijährige Ackerbaulehrgänge absolvieren.
Handel
Während der Binnenhandel fast ausschließlich in der Hand von Einheimischen lag, wurde der Außenhandel weitgehend von europäischen Handelshäusern betrieben. Die Hauptprodukte, die aus Togo exportiert wurden, waren Palmöl, Palmkerne, Mais, Kautschuk und Baumwolle. Zu den Nebenprodukten zählten Elfenbein, Kakao, Kaffee, Erdnüsse, Kopra, Kokosnüsse, Pfeffer, lebende Tiere und Häute. Etwa zwei Drittel der Erzeugnisse wurden nach Deutschland exportiert. Importiert wurden Textilien, Spirituosen, Holz und Holzwaren, Tabak, Zigarren, Materialwaren und Eisenwaren.
Ökonomisch gesehen war der wirtschaftliche Wert der Kolonie Togo für das Deutsche Reich eher als gering anzusetzen und machte etwa 7,8 % des gesamten Kolonialhandels aus.
Infrastruktur
In Togo wurden während der deutschen Kolonialzeit drei Eisenbahnstrecken mit einer Gesamtlänge von etwa 320 km gebaut. 1905 wurde die Bahnstrecke Lomé–Aného mit einer Länge von 44 km eröffnet. Die Strecke Lome-Agome-Kpalime (119 km) wurde am 27. Januar 1907 eröffnet. Zuletzt wurde noch eine Verbindung Lome-Atakpame (160 km) gebaut. Den Eisenbahnknoten bildete demnach der Haupt- und Hafenort Lome, bei dem die drei Bahnlinien zusammentrafen. Die Gleise reichten bis auf die Landungsbrücke hinaus, die gleichsam das seeseitige Eingangstor der Kolonie wurde.
Der Schiffsverkehr mit Europa fand 1899 dreimal monatlich durch Hamburger und Liverpooler Dampfer statt. Die Schiffsflotte umfasste im Jahr 1911 327 Schiffe mit 577.000 Registertonnen.