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Kiautschou

Kiautschou (chinesisch 膠州 / 胶州, Pinyin Jiāozhōu) war ein 1898 vom Kaiserreich China an das Deutsche Kaiserreich verpachtetes Gebiet im Süden der Shandong-Halbinsel an der chinesischen Ostküste.

Hauptstadt war Tsingtau (heute meist Qingdao geschrieben – zu Deutsch „grüne Insel“), die Stadt Kiautschou nordwestlich der Bucht war nicht Teil der Kolonie.

Grund für den Erwerb der Kolonie durch die Erzwingung eines Pachtvertrages mit China war der Wunsch nach einem Flottenstützpunkt für die Kaiserliche Marine in Ostasien. Im Ersten Weltkrieg kam Kiautschou nach der Belagerung von Tsingtau im November 1914 unter die Verwaltung des Japanischen Kaiserreichs.

Kiautschou, der „Platz an der Sonne“, kostete das Deutsche Reich jährlich Millionensummen. Eine positive Handelsbilanz erreichte das Gebiet nie. Im Budget 1901 betrug der Zuschuss, bei einem Haushaltsansatz von £ 552500, £ 537500.

Deutsches Pachtgebiet Kiautschou
Flagge des Gouverneurs (seit 1898)
   
Die Reichsdienstflagge der Marine
(Flagge aller zivilen Einrichtungen in Kiautschou)
   
Hauptstadt:Berlin, Deutsches Reich
Verwaltungssitz:Tsingtau
Verwaltungsorganisation:durch das Reichsmarineamt
Oberhaupt der Kolonie:Kaiser Wilhelm II., vertreten durch den Gouverneur
Einwohner:200.000, ca. 400 Deutsche (jeweils 1912)
Währung:Silberwährung, gängigste Kurantmünze: mexikanischer Peso („Dollar“) sowie lokale Tael
Besitzergreifung:1897–1914
Heutige Gebiete:Teil der Volksrepublik China
Lage Deutsches Pachtgebiet Kiautschou

Geographie

Pachtgebiet

Das Pachtgebiet umfasste die Wasserfläche der Bucht von Kiautschou bis zum höchsten Wasserstand und die zwei Halbinseln beidseits des Eingangs dieser Bucht. Hinzu kam das vorgelagerte Küstengewässer. Das Gebiet hatte eine Größe von 552 km². Dazu gehörten auch 25 Inseln, wobei die zwei größten Inseln in der Bucht heute Teil des Festlandes sind.

Nach der Besetzung der Bucht ordnete Otto von Diederichs ein Vorkaufsrecht für alles Land im Pachtgebiet an und erwarb so das Land, auf dem die Stadt Tsingtau erbaut werden sollte. Die Stadt Tsingtau teilte man in ein Europäer- und ein Chinesenviertel auf.

Für die Chinesen in Tsingtau galt seit Juli 1900 die „Verordnung betreffend Chinesenordnung für das Stadtgebiet Tsingtau“, während für die Europäer deutsches Recht galt.

Der „europäische“ Stadtteil wurde im wilhelminischen Baustil erbaut, während die „chinesischen“ Viertel im lokalen Stil bebaut wurden. Des Weiteren baute man einen Hafen mit einer Werft, einen Bahnhof, eine Universität und verschiedene Fabriken. Es entstanden Kasernen und weitere militärische Infrastruktur, ein Lazarett, ein Gericht, mehrere Schulen, eine evangelische Kirche, eine Post, ein Elektrizitätswerk, eine Filiale der Deutsch-Asiatischen Bank und das Gouvernementsgebäude.

Hinterland

Um das Pachtgebiet herum gab es eine sogenannte Neutrale Zone von 50 km um die Bucht, in der sich deutsche Truppen frei bewegen durften und chinesische Anordnungen mit deutscher Zustimmung gegeben werden durften. Im Osten liegt das Lao-Shan-Gebirge, das damals weitgehend entwaldet war und unter Erosion litt.

Eine Eisenbahnverbindung (Schantung-Bahn) wurde von Tsingtau zur Provinzhauptstadt Jinan gebaut. Da 15 km beiderseits der Bahnlinie Bergbau betrieben werden durfte, wurde die Linienführung nach Tsingtau so gelegt, dass mehrere Kohlengebiete und ein Eisenerzgebiet erschlossen werden konnten.

Der deutsche Einfluss- und Interessensraum umfasste somit den Südwesten der Provinz Schantung und wurde bisweilen auch als Deutsch-China bezeichnet. Im Nordosten der Provinz Schantung lag dagegen das britische Pachtgebiet Weihaiwei.

Hintergründe der Expansion nach China

Im Zuge der Weiterentwicklung des Kolonialismus zum Imperialismus entstand auch im Deutschen Reich ein zivilisatorisches Sendungsbewusstsein. Dieses war bei dem Aufbau einer deutschen Kolonie in China von ganz besonderem Einfluss und bildete einen der wichtigsten Impulse hierfür. Dazu trat die kolonialistische Sichtweise, dass die Errichtung von Kolonien die beste Methode sei, die Wirtschaft im Mutterland zu unterstützen. Damit geriet das dichtbesiedelte China als potenzieller Absatzmarkt ins Blickfeld der deutschen Kolonialagitation, die eine aktive Kolonialpolitik Deutschlands in der Welt forderte. Insbesondere die Erschließung Chinas wurde zur Überlebensfrage stilisiert, da es als wichtigstes außereuropäisches Handelsgebiet galt.

Eine Weltpolitik ohne globale militärische Macht schien jedoch undurchführbar, weshalb eine Flotte, deren erste Anfänge das Ostasiatische Geschwader und die in Europa stationierte Hochseeflotte waren, aufgebaut wurde. Diese Flotte sollte im Frieden den deutschen Interessen Nachdruck verleihen (Kanonenbootdiplomatie) und im Krieg die deutschen Handelswege schützen bzw. die gegnerischen stören (Kreuzerkriegskonzept). Ein Netz globaler Stützpunkte war für diese Pläne jedoch erste Bedingung.

Der Erwerb eines Hafens in China sollte allerdings noch einen weiteren Punkt erfüllen: In Anbetracht der schweren Belastungen durch die Flottenpläne sollte eine chinesische Kolonie auch für die deutsche Flotte im Reich Reklame machen. Deshalb wurde Kiautschou von Anfang an dem Konzept einer Musterkolonie unterworfen: Alle Einrichtungen, die Verwaltung, die Nutzung und dergleichen mehr sollten den Chinesen, den Deutschen und der Welt die besonders effektive deutsche Kolonialpolitik vor Augen führen.


Siehe auch

Weblinks

Quellen

Bildernachweis